Frauen mit Migrationserfahrung in Arbeit bringen
Zum einen arbeiten sie häufig in Berufen, in denen Sprachkenntnisse besonders wichtig sind. Zum anderen spielen, je nach Herkunft, auch Rollenverständnisse und mangelnde Qualifizierung eine wichtige Rolle. Die Kinderbetreuung ist für Frauen viel häufiger ein Thema als für Männer.
Um dem zu begegnen und mehr Frauen mit Migrationserfahrung einen Einstieg in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen, gibt es seit Anfang 2023 bei unserer learn-factory das Projekt Start Working. "Wir wollen Frauen aus Trier und dem Landkreis Trier-Saarburg ermutigen und befähigen, sich den Herausforderungen zu stellen," so Einrichtungsleiter Torsten Gärtner.
Hierbei gilt es zunächst einmal zu erörtern, wo die Frauen stehen und was die häufigsten Probleme sind. Welche Förderung brauchen sie? Welches sind ihre Perspektiven? Dazu dienen Einzelgespräche. Natürlich gibt es hier große Unterschiede. Was jedoch in sehr vielen Fällen zutrifft: Sprachprobleme und Defizite in den digitalen Kompetenzen. Sprachtreffs und Computerkurse haben sich daher sehr schnell zu einem Dauerangebot von Start Working entwickelt.
In den Sprachtreffs geht es zum einen darum, Deutsch zu üben. Viele der Frauen haben zwar erfolgreich Deutschkurse absolviert, haben in ihrem Alltag, der sich vorwiegend zu Hause abspielt, aber wenig Gelegenheit zu üben. Zum anderen geht es hier auch um den Austausch mit Gleichgesinnten, um Aktivierung und Vernetzung.
Als gewissermaßen ungeplantes Einstiegstor haben sich die Computerkurse etabliert. "Das besondere an unseren Kursen ist, dass wir genau da anfangen, wo es nötig ist, und in einem Tempo fortschreiten, das die Teilnehmerinnen auch mitgehen können", erläutert Mitarbeiterin Bettina Rother. "Das gibt es so bei anderen Anbietern nicht." Die Kurse mit unterschiedlichen Schwerpunkten werden zum einen an den Standorten in der Trierer Gartenfeldstraße und in der Konzer Beethovengalerie angeboten. Start Working bietet aber auch Kurse in verschiedenen Stadtteiltreffs an.
"Das ist in unserem Projekt ganz wesentlich", so Rother, "die Zusammenarbeit und Vernetzung mit Kooperationspartnern." Die ist zum einen wichtig, damit Frauen überhaupt auf das Projekt aufmerksam werden, aber auch um wohnortnahe Angebote machen zu können und später auch mögliche Arbeitsplätze zu finden. Neben der Gemeinwesenarbeit in den Stadtteilen spielen hier beispielsweise auch der Bürgerservice, SEKIS, der Treffpunkt am Weidengraben, der Kreis Trier-Saarburg und die Jobcenter eine Rolle.
Bewegung ist gefragt
Zurzeit nehmen rund 80 Frauen die Angebote von Start Working wahr. Dazu gehören, neben den genannten Einzelberatungen, den Sprachtreffs und Computerkursen, auch Bewerbungscoachings, Kreativangebote oder Infoveranstaltungen rund um Arbeit und Ausbildung.
"Dass in Deutschland Fachkräftemangel herrscht, ist kein Geheimnis", spricht Gärtner einen weiteren Aspekt des Projektes an. "Die Frauen, die zu uns kommen, sind sozusagen eine "stille Reserve": Menschen, die ohnehin schon hier sind, deren Potential aber nicht genutzt wird." Problematisch seien in diesem Zusammenhang nicht nur die fehlenden Plätze in der Kinderbetreuung, sondern auch, dass der Zugang zum deutschen Arbeits- und Ausbildungsmarkt durch sehr enge und unflexible Voraussetzungen geprägt ist.
"Es wird Zeit, über neue Berufsbilder, über Abstufungen, auch in den Ausbildungen, nachzudenken", so Gärtner. "Wir brauchen Bewegung und Flexibilität - in den Betrieben, vor allem aber im System."
Die Resonanz auf das Projekt ist indes durchweg positiv. "Die Frauen fühlen sich bei uns verstanden", so Rother. Zudem schätzen sie, dass das Projekt parallel zu anderen Maßnahmen (z.B. vom Jobcenter) genutzt werden kann und zeitlich offen ist: Das Projekt ist vorerst bis Ende 2025 angelegt, und die Frauen können in diesem Rahmen so lange bleiben wie nötig.
Hintergrund:
Start Working ist eines von etwa 70 Projekten bundesweit, die vom Europäischen Sozialfonds und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis Ende 2025 im Förderprogramm "MY TURN - Frauen mit Migrationshintergrund starten durch" des ESF+ gefördert werden.
Die Projekte sollen dazu beitragen, dass (formal) geringqualifizierte Frauen mit Migrationserfahrung in einem stärkeren Umfang als bisher an Qualifizierungs- und Bildungsmaßnahmen teilnehmen und in der Folge nachhaltige sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen aufnehmen, selbständig tätig werden oder eine Berufsausbildung beginnen.