„Der Unterstützungsbedarf ist nach wie vor groß“
Elf Personen sind es, die sich an diesem regnerischen Sonntagnachmittag in Ehrang treffen, um eine gemeinsame Wanderung zu unternehmen. Kein Wanderverein, kein Freundes- oder Familienkreis macht sich hier auf den Weg. Vielmehr sind es Leute, die ein gemeinsames traumatisches Erlebnis verbindet: die Flutkatastrophe vom Juli 2021. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Zeit für Dich" laden die psychologischen Fachkräfte der Caritas-Fluthilfe immer wieder zu einer bewussten Auszeit und einem gemeinschaftlichen Miteinander ein - diesmal zu einer "achtsamen Wanderung".
"Wir wollen den Menschen helfen, die bis heute andauernden inneren und äußeren Aufräumarbeiten zu verkraften", erläutert Psychologin Simone Ebner die Idee. Inputs zu Achtsamkeit und Resilienz gehören dabei ebenso dazu wie im Anschluss ein gemütliches Miteinander bei Kaffee und Kuchen. "Mit unseren Aktionen bieten wir die Gelegenheit, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen oder einmal bewusst den Blick nach vorne und in die Zukunft zu richten."
Die "Zeit für Dich" ist ein Puzzleteil im Unterstützungsangebot, das die Fluthilfe des Caritasverbandes Trier für Trier-Ehrang, Kordel und die Gemeinden an der Sauer vorhält. "In den vergangenen drei Jahren haben sich die Schwerpunkte unserer Arbeit immer weiter entwickelt", weiß Fluthilfe-Koordinatorin Anais Useldinger. Natürlich ging es anfangs vornehmlich darum, den Unrat zu beseitigen, das Lebensnotwendige zu besorgen, Häuser möglichst trockenzulegen. Als es dann darum ging, finanzielle Hilfen zu beantragen, waren viele Betroffene mit den komplizierten Verfahren überfordert. Hier war und ist das Fluthilfe-Team als Berater und Unterstützer gefragt.
Direkte finanzielle Hilfen gab und gibt es bei der Caritas-Fluthilfe in Form von Haushaltsbeihilfen, Härtefallbeihilfen und Wiederaufbauhilfen - finanziert aus mehreren Spendentöpfen. Insgesamt wurden in den vergangenen drei Jahren jeweils mehr als 300.000 Euro für die drei Hilfeformen ausgezahlt. Hinzu kamen 200.000 Euro Soforthilfen und Energiekostenhilfen von rund 15.500 Euro. Auch Sonderprogramme wie Erholungsurlaube und Mutter-Kind-Kuren konnten finanziert werden.
"Neben den finanziellen Hilfen haben die psychologische Unterstützung und sozialräumliche Projekte über die Jahre an Bedeutung gewonnen", so Useldinger. "Unsere Psychologinnen bieten Beratungen im Einzel- und Familiensetting an, um gemeinsam neue (Hilfs-)Ansätze und Lösungen zu finden. Bei Bedarf vermitteln sie auch weiter an andere hilfeleistende Organisationen."
Auch in Bezug auf das gewachsene und gelebte Miteinander in den betroffenen Sozialräumen hat die Flut große Schäden hinterlassen. Viele Begegnungsorte wurden zerstört. Hier setzen die sozialräumlichen Projekte an, die bislang mit rund 80.000 Euro unterstützt wurden: Mit unterschiedlichen Aktionen wird hier die Möglichkeit zur Begegnung für Groß und Klein geschaffen und das Gemeinschaftsgefühl gestärkt - meist in enger Vernetzung mit Vereinen, Initiativen, Gruppierungen und Personen vor Ort. Das Spektrum reicht hier von Bastelnachmittagen und Spielaktionen bis zu Begegnungscafés und Fahrradwerkstatt.
All dies mit der Unterstützung der "Flotten Elli": Der Kleintransporter ist mit einem ausgeklügelten Regalsystem ausgestattet, das beispielsweise Platz für Spielutensilien, einen Pavillon mit Bierzeltgarnituren, aber auch eine Werkbank bietet. "Die wird oft und sehr gerne genutzt", sagt Fluthilfekoordinatorin Rachel Thull. "Sowohl in Ehrang als auch in Kordel, Ralingen und Langsur bieten wir regelmäßig eine Fahrradwerkstatt an." Wer hierher kommt, erhält nicht nur Unterstützung bei der Reparatur seines Fahrrads, sondern auch die Gelegenheit andere zu treffen und sich auszutauschen. "Wie bei allen unseren Angeboten, ist das ein wesentliches Element: ansprechbar sein", erläutert Thull.
"Der Unterstützungsbedarf, finanziell, vor allem aber in sozialräumlicher und psychologischer Hinsicht, ist nach wie vor groß", so Thull. "Uns ist es daher wichtig, auch in den nächsten Jahren präsent zu sein und zu helfen." Bis 2026 ist dies gewährleistet, knapp 600.000 Euro sind hierfür eingeplant.
Die neusten Wetterereignisse haben zudem gezeigt, wie wertvoll es ist, Kompetenz in diesem Bereich vorzuhalten: Nach dem Pfingsthochwasser 2024 bringt das Caritas-Fluthilfeteams seine Expertise auch an Saar und Ruwer ein.